Auch im Hinblick auf weitere Schadenspositionen lässt sich die Rechtsprechung zum Werkstattrisiko übertragen
Neben der Schadensersatzzahlung von Reparaturkosten und Gutachtenkosten gegen Abtretung etwaiger Rückforderungsansprüche findet die Rechtsprechung des BGH aus dem Urteil vom 16.01.2024, Az. VI ZR 266/22 entsprechende Anwendung auch für weitere Schadenspositionen.
In der Entscheidung heißt es:
„Dies gilt für alle Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung, deren Entstehung dem Einfluss des Geschädigten entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss.“
Für die Übertragung der Rechtsprechung kommen nun auch für die Kosten der Hilfestellung für den Gutachter, die Abschleppkosten, Rücktransportkosten und Standkosten in Frage.
Gutachterhilfekosten
Wenn die Werkstatt dem Gutachter Hilfe leistet ist zu unterscheiden, ob die Werkstatt vom Geschädigten den Auftrag zur Hilfeleistung hatte, oder ob die Werkstatt im Auftrag des Schadensgutachters handelte.
Sofern der Geschädigte der Werkstatt den Auftrag erteilt gilt grundsätzlich das „Werkstattrisiko“ nach der BGH Rechtsprechung.
In den Fällen, in denen der Gutachter die Werkstatt beauftragt gilt entsprechend der Rechtsprechung zum Werkstattrisiko nach weiterer Rechtsprechung des BGH vom 12.03.2024, Az. VI ZR 280/22 das Sachverständigenrisiko.
Abschleppkosten
Auch für die Abschleppkosten ist die Rechtsprechung zum Werkstattrisiko anwendbar. Bei keiner der weiteren Schadenspositionen ist der Einfluss des Geschädigten geringer auf die Entstehung der Höhe der Kosten.
In den Überwiegenden Fällen wird der Abschleppunternehmer von der Polizei bestellt. Aber auch in den Fällen, in denen der Geschädigte den Abschleppunternehmer selbst beauftragt hat er der Geschädigte in der Regel nicht die Wahl des Abschleppfahrzeugs zu beeinflussen.
Hat der Geschädigte bereits die Rechnung bezahlt, kann Zahlung an ihn selbst verlangt werden. Allerdings muss auch dann der Vorteilsausgleich durch die Zug-um-Zug-Abtretung hergestellt werden.
Rücktransportkosten
Dem Geschädigten steht es grundsätzlich zu, sein verunfalltes Fahrzeug zur Heimatwerkstatt zu transportieren.
Wenn der Geschädigte das Fahrzeug direkt von der Unfallstelle in die Heimat bringt, ist die vorgenannte Rechtsprechung entsprechend für dieses „Hakenrisiko“ beim Rücktransport anzuwenden.
Sollte sich der Geschädigte erst im Rahmen eines Zweittransportes für den Rücktransport entscheiden bleibt ihm zuvor genügend Zeit für einen Rücktransport und die BGH Rechtsprechung findet keine Anwendung.
Standkosten
Standkosten, die entstehen, weil der Abschleppunternehmer das Fahrzeug von der Unfallstelle auf seinen Betriebshof bringt und es dort vorübergehend steht, kann der Geschädigte weder in ihrer Entstehung noch der Höhe nach beeinflussen. Ebenso verhält es sich beim Abstellen des Fahrzeugs bei der vom Geschädigten bevorzugten Werkstatt. Der Preis der Werkstatt für das Standgeld ist daher zu akzeptieren.
Mietwagenkosten
Zuletzt kommen auch die Mietwagenkosten für eine Übertragung der Rechtsprechung in Betracht.
Ob der Mietwagen als Vermietfahrzeug für Selbstfahrer bei der Zulassungsstelle registriert wurde ist für den Geschädigten zunächst nicht ersichtlich, daher unterfällt dies eindeutig dem „Mietwagenrisiko“. Zunächst kann von einem Geschädigten nicht erwartet werden, dass dieser die vorbenannte Problematik kennt. Daher ist es unwahrscheinlich, dass dieser nach Aushändigung des Fahrzeugs den Fahrzeugschein überprüft, um zu kontrollieren, ob das Fahrzeug als Vermietfahrzeug ausgewiesen ist.
Bei dem Mietwagenkosten im allgemeinen kann der Geschädigte weiterhin jedoch nicht darauf vertrauen, die Kosten für einen erkennbar zu teuren Mietwagen ersetzt zu bekommen, da dem Geschädigten vorab ein Preisvergleich am Markt zumutbar ist, sofern sich der Geschädigte bei der Anmietung des Ersatzfahrzeuges nicht in einer Not- oder Eilsituation befand. In dieser greift ausnahmsweise wieder das Mietwagenrisiko entsprechend der vorgenannten Rechtsprechung.
Sofern der Geschädigte jedoch zu einem Preis, der dem Mittelwert aus der Schwacke- und Frauenhofer- Erhebung entspricht, mietet, ist der Vorwurf des erkennbar zu teuren Mietwagens nicht einschlägig.
Abschließend ist zu beachten, dass der Geschädigte jeweils die Zahlung an den Abschleppunternehmer, den Gutachter oder den Autovermieter Zug um Zug gegen Abtretung seiner Rückforderungsansprüche gegen den entsprechenden Vertragspartner verlangen muss und insoweit der Versicherer das Recht der Rechnungsprüfung erlangt.
Wo immer es in diesem Beitrag um einen „Rückforderungsanspruch“ geht, ist dies der zunächst nur vom Versicherer behauptete Anspruch. In dem Stadium wird nicht geprüft, ob der Anspruch besteht. Das wird erst geprüft, wenn sich der Versicherer mit einer Rückforderung an den jeweiligen Vertragspartner des Geschädigten wendet.