RECHTZEITIG | September 2024 | Nr. 4

Noch etwas zu früh für Halloween wird es doch etwas „blutig“ in dieser Ausgabe. Als ob die Gründe für Blut im Treppenhaus nicht schon schlimm genug wären, ist die Frage spannend wer für eine Spezialreinigung eigentlich aufkommt. Farblich „rot“ kann es auch beim Thema rund um überhöhte Lackierkosten gehen. Und wie ist bei „blauem“ Licht zu handeln? Wie wichtig es ist Sirenen und Blaulicht ernst zu nehmen zeigen wir an einem aktuellen Fall auf. Diese und weitere Themen in der vierten Ausgabe von „Rechtzeitig“.

Blutspuren im Treppenhaus: Mieter muss für die teure Reinigung aufkommen!

Im Rahmen der Mietrechtspraxis kann es abseits von Kündigungsschreiben, Nebenkostenabrechnungen und Wohnungsräumungen auch mal zu sehr ungewöhnlichen Fallgestaltungen kommen, wie die jüngste Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main zeigt, bei dem es um die Erstattung von Reinigungskosten ging, die angefallen waren, nachdem ein Mieter massive Blutspuren im Treppenhaus des Mietshaus hinterließ. In diesem Fall stellte das Gericht klar, dass der Mieter unter bestimmten Umständen die Kosten für die Reinigung zu tragen hat – auch wenn diese durch eine spezialisierte und teure Reinigungsfirma erfolgt.

Hintergrund des Falls

Ein Mieter, der unter Betreuung stand, hatte nach einer Verletzung stark blutend das Treppenhaus und den Eingangsbereich des Mietobjekts verunreinigt. Um die hygienische Sicherheit und den Schutz der anderen Bewohner und Besucher zu gewährleisten, beauftragte die Vermieterin sofort ein Spezialunternehmen zur Reinigung und Desinfektion der betroffenen Bereiche. Die Kosten in Höhe von rund 1.930 Euro stellte sie dem Mieter in Rechnung, doch dieser weigerte sich zu zahlen.

Das Amtsgericht Frankfurt entschied zugunsten der Vermieterin und sprach ihr einen Anspruch auf Erstattung der Reinigungskosten zu. Grundlage dafür war § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag. Der Mieter habe durch sein Verhalten, das zu einer erheblichen Verunreinigung geführt hat, seine mietvertraglichen Pflichten verletzt und müsse daher für die entstandenen Kosten aufkommen.

Keine Pflicht zur Eigenreinigung durch den Mieter

Ein interessanter Aspekt der Entscheidung ist die Frage, ob die Vermieterin den Mieter hätte beauftragen müssen, die Reinigung selbst vorzunehmen, um die Kosten zu senken. Das Gericht entschied, dass dies nicht zumutbar sei. Der Mieter verfügte nicht über die nötige Qualifikation, um potenziell infektiöse Blutspuren sicher und fachgerecht zu beseitigen. Zudem war der Mieter zum Zeitpunkt des Vorfalls verletzt, was eine unverzügliche Eigenreinigung unmöglich machte.

Die Vermieterin handelte auch im Sinne ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den anderen Bewohnern und Besuchern, indem sie ein spezialisiertes Reinigungsunternehmen beauftragte. Hierbei ging es nicht nur um die Entfernung der Blutspuren, sondern auch um die Vermeidung von Infektionsrisiken und Sturzgefahren.

Keine Verletzung der Schadensminderungspflicht

Eine weitere wichtige rechtliche Erwägung betrifft die Schadensminderungspflicht der Vermieterin. Das Gericht stellte klar, dass es keinen Verstoß gegen diese Pflicht darstellte, dass die Vermieterin keine Alternativangebote eingeholt hat, um möglicherweise günstigere Reinigungskosten zu erzielen. Der Grund dafür lag in der Dringlichkeit der Situation: Es musste sofort gehandelt werden, um die Gefahren für andere Bewohner und Besucher zu beseitigen. Daher war die Beauftragung eines Fachunternehmens gerechtfertigt, selbst wenn dieses teurer war als andere Anbieter.

Auch wenn die Vermieterin bei der Wahl des Reinigungsunternehmens möglicherweise höhere Kosten in Kauf nehmen musste, betonte das Gericht, dass der Schädiger – in diesem Fall der Mieter – für diese Kosten aufkommen muss, sofern die Geschädigte (die Vermieterin) kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden traf.

Fazit:

Der Fall zeigt, dass Mieter in bestimmten Situationen, wie nach einem Unfall oder Vorfall mit erheblichen Verunreinigungen, für die daraus resultierenden Reinigungskosten haften können. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Vermieterin ein spezialisiertes Unternehmen beauftragt, um Gesundheitsrisiken und andere Gefahren schnell zu beseitigen. Für Vermieter bedeutet dies, dass sie in solchen Situationen nicht verpflichtet sind, auf günstigere Lösungen zu warten oder den Mieter selbst zur Reinigung heranzuziehen, wenn dieser nicht in der Lage ist, die Arbeiten fachgerecht durchzuführen.

Neue Gerichtsentscheidung stärkt Geschädigte bei nicht aufgeschlüsselten Lackierungskosten

Die Abwicklung von Unfallschäden kann oft komplex und zeitraubend sein, insbesondere wenn es um die Abrechnung von Reparaturkosten geht. Ein aktueller Fall vor dem Amtsgericht Ahaus (Beschluss vom 03.08.2024, Az. 15 C 78/24) hat jedoch für Klarheit gesorgt und stärkt die Rechte der Geschädigten, insbesondere in Bezug auf die Aufschlüsselung von Lackierungskosten.

Viele Werkstätten lagern die Lackierarbeiten an externe Dienstleister aus. In der Praxis bedeutet das, dass sie die Lackierungskosten oft nicht detailliert in der Rechnung aufschlüsseln, sondern lediglich den Endbetrag angeben. Versicherer sehen dies häufig als Ansatzpunkt, um die Schadensregulierung zu verzögern oder zu mindern, da sie die detaillierte Aufstellung der Kosten einfordern.

Das Amtsgericht Ahaus hat jedoch klargestellt, dass die Geschädigten nicht verpflichtet sind, sich um eine detaillierte Aufschlüsselung der Lackierungskosten zu kümmern, solange die Gesamtsumme mit den im Schadensgutachten prognostizierten Kosten übereinstimmt. In dem aktuellen Fall betrug der im Gutachten ausgewiesene und sodann tatsächlich abgerechnete Betrag übereinstimmend 2.575,80 Euro netto – eine Summe, die das Gericht als plausibel und prüffähig eingestuft hat.

Diese Entscheidung stärkt die Position der Geschädigt. Sie dürfen sich auf die im Gutachten angegebenen Werte verlassen und müssen keine zusätzlichen Nachweise erbringen, wenn die Rechnungsbeträge plausibel sind. Das bedeutet weniger Aufwand und weniger Reibungsverluste bei der Abwicklung des Schadens mit der Versicherung.

Für Werkstätten bedeutet dies jedoch, dass eine detaillierte Aufschlüsselung der Kosten weiterhin ratsam ist, um unnötige Diskussionen mit den Versicherern zu vermeiden. Dennoch zeigt der Fall, dass selbst bei einer vereinfachten Rechnungsstellung die Ansprüche der Geschädigten gewahrt bleiben.

Was ist bei einer Abmahnung zu beachten?

Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von § 242, §1004 I S.1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen, wenn die Abmahnung zu unbestimmt ist. Für den Arbeitgeber besteht hier die Gefahr, dass auf unwirksame Abmahnungen gestützte Kündigungen nicht zum Erfolg führen. Dies resultiert in höheren Abfindungszahlungen und im „Worst Case“ zum Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses.

Gut zu wissen: Eine Abmahnung ist unwirksam, wenn sie inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt oder wenn sie statt eines konkret bezeichneten Fehlverhaltens nur pauschale Vorwürfe enthält.

Die genaue Bezeichnung eines Fehlverhaltens erfordert damit zum einen, dass der Arbeitgeber den der Abmahnung zu Grunde gelegten Sachverhalt dem Arbeitnehmer konkret darlegt und diesem ebenfalls konkret erklärt, aus welchem (rechtlichen) Grund er das Verhalten des Arbeitnehmers für pflichtwidrig hält. Die Anforderungen an die Konkretisierungen orientieren sich dabei an dem, was der Arbeitgeber über das pflichtwidrige Verhalten wissen kann.

In einem aktuellen Verfahren vor dem Arbeitsgericht hatte eine Abmahnung keinen Bestand da sie zu unbestimmt war. Der Arbeitgeber mahnte unangemessene Äußerungen eines Arbeitnehmers gegenüber Kollegen und Mitarbeitern ab. Der Arbeitgeber nannte jedoch keine Namen der betroffenen Arbeitnehmer. Das Gericht war der Auffassung, dass die Formulierung, dass unangemessene Äußerungen „anderen Mitarbeitern“ gegenüber geäußert wurden zu unbestimmt sei.

Für den Arbeitnehmer als Adressat der Abmahnung diene die konkrete Nennung der Namen der Betroffenen auch dazu, überprüfen zu können, ob die Abmahnung inhaltlich richtig sei oder nicht. Pauschale Vorwürfe erfüllen diese Anforderung nicht.

Der Arbeitgeber sei auch nicht berechtigt, zum Schutz der Betroffenen die Namen in der Abmahnung nicht zu nennen.,

Anhand dieses Beispiels zeigt sich, dass die richtige Formulierung einer Abmahnung enorme Bedeutung hat. Besonders, wenn basierend auf dem Fehlverhalten von Arbeitnehmern Kündigungen erfolgen sollen.

Gerne unterstützen wir Sie bereits bei der Formulierung von Abmahnungen. Auch beim Streit über bereits erfolge Abmahnungen beraten wir Sie zum korrekten weiteren Vorgehen.

Achtung Autofahrer: Sirenen und Blaulicht ernst nehmen – sonst wird es teuer!

Jeder Autofahrer hat es schon einmal erlebt: Plötzlich ertönt eine Sirene, und im Rückspiegel blitzt das Blaulicht eines Einsatzfahrzeugs auf. Feuerwehr, Polizei oder Rettungsdienst – sie alle sind oft in dringenden Notfällen unterwegs und müssen schnellstmöglich vorankommen. Dabei ist es nicht nur eine Frage der Höflichkeit und Rücksichtnahme, diesen Fahrzeugen Platz zu machen, sondern auch eine gesetzliche Pflicht. Wer sich nicht an diese Regel hält, riskiert hohe Strafen und sogar ein Fahrverbot.

Ein aktueller Fall zeigt die Konsequenzen

Ein kürzlich vom Amtsgericht Landstuhl entschiedener Fall verdeutlicht die Ernsthaftigkeit dieses Themas. Der Betroffene hatte auf der Autobahn zu spät einem sich mit aktivierten optischen und akustischen Signalen nähernden Einsatzfahrzeug der Polizei die linke Spur freigemacht, sodass dieses eine Weile lang hinter seinem Fahrzeug herfahren musste.

Das AG Landstuhl verurteilte den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 38 Abs. 1 S. 2 StVO (2.2.24, 3 OWi 4211 Js 9376/23, Abruf-Nr. 240778). Der Betroffene hatte angegeben, er habe die Sirene gehört, aber gedacht, das Geräusch komme aus dem Radio. Erst nach einem Schulterblick habe er das Einsatzfahrzeug gesehen und seinen Wagen nach rechts auf die andere Fahrspur gelenkt. Währenddessen habe er sich mit seiner Frau unterhalten und Radio gehört und das Einsatzfahrzeug vorher nicht bemerkt.

Das Gericht ließ diese Einlassung nicht gelten und wertete den Vorfall als fahrlässigen Verstoß. Jeder Verkehrsteilnehmer muss darauf achten, dass er nicht aufgrund zu lauter Geräusche, etwa durch Musik, oder durch nicht von Schnee oder Eis befreite Fenster die blauen Blinklichter oder das Einsatzhorn nicht rechtzeitig wahrnehmen kann. Auch eine zu langsame Reaktion auf ein unter allen Signalen fahrendes Einsatzfahrzeug ist pflichtwidrig, wenn die Aufmerksamkeit durch Gespräche und Radio aktiv und bewusst vermindert wird. Fahrzeugführer müssen dafür sorgen, dass sie das Einsatzhorn jederzeit hören können.

Die Folgen bei Missachtung

Wer diese Regeln ignoriert, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Bußgelder in Höhe von bis zu 320 Euro sind möglich. Doch damit nicht genug: In besonders schweren Fällen drohen sogar Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot von bis zu einem Monat. Vielen Autofahrern ist dieses hohe Risiko nicht bewusst. Die Konsequenzen können weitreichend sein – nicht nur finanziell, sondern auch im Hinblick auf den Führerschein und die eigene Mobilität. In dem genannten Fall verhängte das AG Landstuhl ein Regelfahrverbot von einem Monat gemäß § 4 Abs. 1 BKatV i. V. m. Nr. 135 ff. BKat.

Tipps für den Ernstfall

  • Aufmerksam bleiben: Regelmäßig die Spiegel kontrollieren und auf Geräusche achten.
  • Ruhig und besonnen handeln: Keine abrupten Manöver, sondern geordnet Platz machen.
  • Vorausschauend fahren: Bereits bei stockendem Verkehr an die Bildung einer Rettungsgasse denken.


Fazit

Die Missachtung von Blaulicht und Sirene ist kein Kavaliersdelikt. Neben den gesetzlichen Strafen sollte jedem Autofahrer bewusst sein, dass er durch sein Verhalten Leben retten oder gefährden kann. Es liegt in unserer aller Verantwortung, den Einsatzkräften den Weg zu ebnen und ihnen die Arbeit zu erleichtern. Also: Augen und Ohren auf im Straßenverkehr – es könnte um Sekunden gehen!

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